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Rechte Gewalt in Seehausen

Die Proteste gegen den Weiterbau der A 14 durch den Losser Forst bei Seehausen (Altmark) werden inzwischen seit Monaten von extrem Rechten bedroht und angegriffen. Das betrifft sowohl das im April im Losser Forst entstandene Protestcamp, als auch den Infoladen im ehemaligen Bahnhof Seehausen. Die aggressive Stimmung gegen die Umweltproteste wird neben der AfD auch von lokalen extrem Rechten, als auch dem CDU-Landtagsabgeordneten Chris Schulenburg geschürt.




(Unvollständige) Übersicht über die Angriffe auf die Proteste im Losser Forst und Seehausen gegen den Weiterbau der A14:

  • Am 20.04. wurde im Infoladen mutmaßlich von Rechten randaliert und eine Tür eingetreten;

  • am 30.04. wurde das Camp im Wald von aggressiven Rechten bedroht, die dabei auch eine Axt oder Hacke eingesetzt haben sollen;

  • am 01.05. bedrohten Rechte aus einem Auto heraus die Aktivist_innen im Wald;

  • etwas mehr als zwei Wochen später wurde am 17.05. ein Brandanschlag auf den Infoladen im Bahnhof Seehausen verübt, zu diesem Zeitpunkt befanden sich zum Glück keine Menschen in dem Gebäude, zuvor wurde bereits das Auto eines Aktivisten mit Baumarkierungsspray besprüht und die Reifen zerstört;

  • zwei Tage nach dem Brandanschlag wurde am 17.05. die Familie eines Aktivisten telefonisch bedroht;

  • nach einer Kundgebung der AfD am 21.05. vor dem Infoladen berichten Aktive über Jagden Rechter auf Antifas in Seehausen;

  • einen Tag später, am 22.05., brachen knapp 10 Personen in den Infoladen ein, verwüsteten den Innenraum und zündeten einen Sprengsatz, wohl eine Art selbstgebauter Rohrbombe;

  • am 24.05. versuchten mehrere Personen in den Infoladen einzubrechen;

  • am 18.06. schoss ein bislang Unbekannter, bekleidet mit einer Ku-Klux-Klan-Haube, mit einer Softair-Waffe auf zwei Personen, die zuvor gegen den Weiterbau der A14 demonstriert hatten, einer der Betroffenen ist ein Jugendlicher, der Angriff wurde von Rechten gefilmt.

Schon seit Beginn des Protestcamps im April 2021 geht es in der Auseinandersetzung vor Ort nicht mehr nur um die Frage, ob die A14 weitergebaut werden soll. Die extreme Rechte versucht massiv, die Umweltproteste zu verhindern und setzt dabei auf Methoden, die aus extrem rechter Mobilisierung gegen die Unterkünfte von Geflüchteten bekannt sind. Die teils brutalen Angriffe richten sich nicht mehr nur darauf, Aktivistinnen und Aktivisten einzuschüchtern und zu verdrängen sowie ihren Protest zum Schweigen zu bringen, sondern auch darauf sie unmittelbar zu gefährden und zu verletzen. Im Fall des Brandanschlags sowie der Rohrbombe wären selbst tödliche Verletzungen nicht mehr ausgeschlossen, hätten sich jeweils Menschen in den angegriffenen Räumlichkeiten aufgehalten.


Nur wenige Tage nachdem das Protestcamp im Losser Forst von Aktivistinnen und Aktivisten aufgebaut wurde, besuchte der Innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Chris Schulenburg, das Camp, wovon er in einem kurzen Video bei Facebook berichtete. Dort spricht er von einer "kleinen Minderheit" die hier protestiere, bezeichnet die Aktivistinnen und Aktivisten als "seltene Exemplare" und "Baumbewohner", die sich im Wald "festgesetzt" hätten und von denen "einige gar nicht von hier stammen", sondern "Berufsdemonstranten" seien, welche die Entwicklung der Altmark behinderten. Schulenburg bringt damit nicht nur seine ablehnende Haltung gegen den Protest zum Ausdruck, sondern verwendet eine entmenschlichende Sprache, indem er die Aktivistinnen und Aktivisten in einer Art beschreibt, wie sonst Tiere – etwa invasiver Arten –, beschrieben werden. "Unglaublich" nennt Schulenburg den Protest, dessen Räumung das Verwaltungsgericht Magdeburg zuletzt gekippt hatte (Aktenzeichen: 3 B 150/21 MD, Pressemitteilung des Gerichts hier online).


Unter dem Video von Schulenburg (vom 28. April) fanden sich Kommentare wie "Schrotflinte und runter damit" und "Einmal die Säge unten ansetzen", welche sich offensiv für Gewalt gegen die Demonstrierenden aussprechen. Zwar sind einige der Kommentare gelöscht, doch weiterhin (Stand 25. Juni) finden sich Kommentare wie "Motorsäge unten ansetzen und gut" mit der Antwort "oder weiter oben ansetzen", sowie "Einfach mal die Kettensäge sprechen lassen" und Forderungen, die Aktivist_innen sollten zur Zwangsarbeit eingesetzt werden. Auf Kommentare, sich zu diesen Mord- und Gewaltaufrufen zu verhalten, hat Schulenburg bisher nicht reagiert.


In einem Beitrag auf seiner Internetseite schreibt Chris Schulenburg (CDU) am 23. Juni – nach der Entscheidung des VG Magdeburg zu Gunsten (!) des Protestcamps und nachdem er rechte Angriffe verurteilte –, "Damit die Situation dort nicht völlig eskaliert, muss der Landrat das Camp endlich rechtlich sauber räumen, das hätte aber schon viel früher passieren müssen." Schulenburg ignoriert hier nicht nur die Entscheidung des VG Magdeburg, sondern betreibt eine perfide Täter-Opfer-Umkehr, indem er behauptet, das Protestcamp müsse geräumt werden, damit es nicht weiter angegriffen wird. Er weist den Angegriffen so die Schuld an den Angriffen auf sie selbst zu. Das ist angesichts der brutalen Attacken nicht nur sachlich falsch – Ursache für die Angriffe auf Umweltproteste sind nicht die Proteste, sondern rechte Angreifer, deren Ideologie und Unterstützung –, sondern auch infam und widerwärtig.


Die ohnehin schon aggressive Stimmung vor Ort wird auch von der AfD befeuert, die mit einer Kundgebung vor dem Infoladen im ehemaligen Bahnhof Seehausen am 21. Mai – wie bei Protesten gegen Geflüchtetenunterkünfte in den Jahren 2015 ff. – jenen Ort markierte, der seit geraumer Zeit angegriffen wird. Der AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Siegmund sprach dabei in Übereinstimmung mit Schulenburg (CDU) von Demonstranten, die nicht aus der Region kämen und sich "in den Bäumen festsetzen".


Es ist aussichtslos, die extrem rechte AfD dazu aufzufordern, nicht weiter zur gewaltvollen Eskalation von rechts in Seehausen beizutragen. Die CDU muss jedoch, wie alle demokratischen Parteien, alles tun, um diese Eskalation zu brechen. Dazu muss sie nicht ihre Position zum Weiterbau der A14 aufgeben, sich jedoch klar und unmissverständlich an die Seite der Angegriffenen stellen und rechten Tätern wie deren Umfeld und deren Unterstützer_innen klar Widerspruch zeigen. Die Erzählung von fremden Demonstranten (welche die Altmark hindern würden sich zu entwickeln) und gegen die man nicht lange fackeln dürfe, sondern die stattdessen wie Tiere beschrieben werden können, motiviert rechte Gewalttäter und ist gefährlich. Die Versuche von Schulenburg & Co, den Landkreis unter Druck zu setzen, damit er die freie Grundrechtsausübung der Aktivistinnen und Aktivisten einschränkt, verstärkt dabei die falsche Erzählung der AfD von der vermeintlich illegalen Besetzung, gegen die man sich wehren müsse.


Ich fordere Chris Schulenburg auf, seine Aussagen zurückzunehmen und sich bei den Aktivistinnen und Aktivisten zu entschuldigen und zu überlegen, was er tun kann, damit im Losser Forst und Seehausen die extreme Rechte nicht weiter eskaliert. Wenn sich nicht sehr schnell etwas ändert, besteht die Gefahr, dass dort Menschen verletzt werden, schlimmstenfalls tödlich. Daran sind die Aktivistinnen und Aktivisten aus der Region und aus anderen Orten nicht selbst schuld, sondern extrem Rechte und alle die ihnen – ob gewollt oder unbedacht – Rückhalt geben.


Für DIE LINKE und für mich ist klar: wir sind solidarisch mit den Angegriffenen Umweltaktivist_innen!

 

Für mehr Informationen und Solidarität finden sich die Aktivist_innen im Bahnhof Seehausen und im Protestcamp im Losser Forst auch hier: #KeineA14 hat einen Blog und ist bei Twitter, #MoniBleibt gibt es auch als Blog online und bei Twitter






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